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Multi Media Theater NEW AFFAIRE, Paul Landers, Arnim Bautz, Bo Kondren
 
Das Resümee
 

Vielleicht wird es sich am Ende der 80er Jahre als Umbruch in der DDR-Rockgeschichte erweisen, dass nicht mehr nur "neue" und "andere" Bands nachrücken, sondern sich zunehmend auch das Gesicht einer ganzen Rocklandschaft verändert. Zu den Entdeckungen und Erfahrungen, die es 1988 zu machen gab, gehört zweifellos das Projekt NEW AFFAIRE aus Berlin.

Was NEW AFFAIRE signalisiert und selbst rückhaltlos angeht, ist ein Mangel an Experimenten in Rockmusik- und Theaterlandschaft gleichermaßen. Orientieren sich Rockmusiker immer wieder an gängigen internationalen Standards, bleiben die "Rocktheater"- Versuche im traditionellen Musical stecken, so verdient NEW AFFAIRE Respekt dafür, dass wirkliches Experimentieren verbunden wird mit enormem Risiko. Aber gerade die Bereitschaft, an die Grenze des ästhetisch wie technisch-organisatorisch Machbaren zu gehen, die nicht zu übersehende Selbstüberschätzung, das selbstlose sich einbringen wie ungebrochenes Selbstbewusstsein, die gleichzeitige Rücksichtslosigkeit wie Naivität gegenüber der Kunstgeschichte - all das macht das unbewältigte wie enorm anregende des Projektes aus. Was sich hier an Ambitioniertheit und Engagiertheit zu offenbaren versucht, ist alles andere als Normalfall dieser Generation.

Erst im Kontext der hier beschriebenen Substanz des Projektes NEW AFFAIRE wäre über seine Schwächen zu sprechen, dies aber vor allem mit den Machern selbst. Zweifelsohne quietscht es da im organisatorischem Räderwerk, gibt es Probleme in der Koordination der multimedialen Show, gibt es Holprigkeiten im Rhythmus der Inszenierung, sind dramaturgische Strukturen manchmal dem Zufall ausgeliefert, überhört man nicht unbedingt Probleme im musikalischen Zusammenspiel, ist die Frage der Professionalität und Perfektion gerade beim Offerieren einer rigorosen Kunstwelt ernst zu nehmen.

Was bleibt ist ein Projekt, das sich nicht in Genügsamkeit übt und schließlich in Belanglosigkeit verschwindet, sondern eher als Herausforderung zu verstehen ist, das in produktiver Reibung noch mehr Konsequenz erreichen könnte; Reibung die entsteht durch Konkurrenz auf diesem Experimentierfeld und durch Veranstalter, die sich dem Angebot stellen und NEW AFFAIRE die entscheidende Bewährungsprobe bieten – das Publikum.